Der BGH hat sich im vorliegenden Fall mit der Frage des Vorbenutzungsrechts im Designrecht befasst.
Leitsätze des Gerichts:
DesignG § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 2, §§ 15, 41 Abs. 1, § 42 Abs. 2 Satz 1, § 46 Abs. 1 und 3, § 72 Abs. 2
a) Als wirkliche und ernsthafte Anstalten, die ebenso wie die Benutzung eines Designs ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen können, sind Vorbereitungshandlungen aller Art anzusehen, die auf die Benutzung des Designs gerichtet sind und den ernstlichen Willen sicher erkennen lassen, die Benutzung alsbald aufzunehmen.
b) Nur im Inland getroffene wirkliche und ernsthafte Anstalten zur Benutzung eines Designs können ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin eines eingetragenen Designs (Klagedesign), das ein Bettgestell zeigt. Das Klagedesign ist am 15. Juli 2002 angemeldet und am 25. November 2002 in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden. Während des Berufungsverfahrens ist für das Klagedesign im Register die Priorität der Ausstellung auf der Internationalen Möbelmesse in Köln am 14. Januar 2002 veröffentlicht worden.
Die Beklagte gehört dem IKEA-Konzern an. Sie ist für die Organisation und Belieferung der IKEA-Filialen in Deutschland zuständig. Seit dem Jahr 2003 vertreibt sie unter der Bezeichnung “MALM” ein Bettgestell, das mit dem im Klagedesign gezeigten Bettgestell weitgehend übereinstimmt. Bereits im August 2002 hatte sie unter der Bezeichnung “BERGEN” ein Bettgestell mit einem geringfügig höheren Kopfteil beworben.
Die Klägerin sieht in dem Vertrieb des Bettgestells “MALM” eine Verletzung ihres Klagedesigns. Sie hat die Beklagte auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Die Beklagte hat behauptet, die IKEA of Sweden AB habe von September bis Dezember 2001 das Bettgestell “BERGEN” für den weltweiten Vertrieb entwickelt und konstruiert. Es sei ab Ende März 2002 an die IKEA-Filialen in Deutschland ausgeliefert worden. Sie hat die Klägerin im Wege der Widerklage auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abwehr der Abmahnung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Klägerin könne der Beklagten den Vertrieb des Bettgestells “MALM” nicht untersagen, selbst wenn dem Klagedesign eine Priorität vom 14. Januar 2002 zukomme. Die IKEA of Sweden AB habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits vor dem 14. Januar 2002 Anstalten zum Vertrieb des Vorgängermodells “BERGEN” auch in Deutschland getroffen, ohne das Klagedesign gekannt zu haben. Dadurch habe sie ein Vorbenutzungsrecht nach § 41 Abs. 1 GeschmMG (jetzt § 41 Abs. 1 DesignG) erlangt, das sich auf den Vertrieb des Bettgestells “MALM” über die Beklagte erstrecke.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Anders als das Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof die von der IKEA of Sweden AB im Ausland vorgenommen Vorbereitungshandlungen zum Vertrieb des Bettgestells “BERGEN” in Deutschland für die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts nach § 41 Abs. 1 GeschmMG/DesignG nicht ausreichen lassen. Erforderlich ist vielmehr, dass die vom Gesetz verlangten wirklichen und ernsthaften Anstalten zur Benutzung ebenso wie eine Benutzung selbst in Deutschland stattgefunden haben.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 100/17 vom 29.6.2017)
In dem wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht auch zu beurteilen haben, ob das Klagedesign schutzfähig ist, auch vor dem Hintergrund, ob die Ausstellungspriorität wirksam in Anspruch genommen wurde. Das Berufungsgericht wird zu beurteilen haben, ob die Klägerin das nach dem Klagedesign gestaltete Bettgestell auf der Internationalen Möbelmesse in Köln ausgestellt hat.
Die vollständige Entscheidung des BGH finden Sie hier: BGH I ZR 9/16 – Bettgestell
(AB – 07.12.2017)