Dreidimensionale Marken
Nach der Rechtslage im WZG (Warenzeichengesetz) lehnte die Rechtsprechung die Eintragung dreidimensionaler Zeichen ab. Diese Rechtsauffassung ist seit der ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken Nr. 89/104/EWGvom 21.12.1988 (MRL) überholt. Seither ist die Schutzfähigkeit dreidimensionaler Gestaltungen als Marke grundsätzlich anerkannt. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der MRL im Markengesetz von 1995 umgesetzt und in § 3 Abs. 1 MarkenG die Markenfähigkeit dreidimensionaler Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung gesetzlich festgelegt.
Der Schutz einer dreidimensionalen Gestaltung ist neben dem Markenrecht auch durch das Urheber- und das Geschmacksmusterrecht möglich. Die Eintragung als Marke bietet demgegenüber den besonderen Vorteil, dass ein dauerhafter Schutz gegen Nachahmung besteht, der unabhängig von gestalterischen Voraussetzungen, wie sie im Urheber- oder Geschmacksmustergesetz bestehen, gewährt wird.
Um als Marke (dreidimensionale Marke) in das Register eingetragen zu werden, muss eine dreidimensionale Gestaltung insbesondere die folgenden Eintragungsvoraussetzungen erfüllen:
Nach § 8 Abs. 1 MarkenG müssen Zeichen, um als Marke schutzfähig zu sein, graphisch darstellbar sein. Diese Schutzvoraussetzung trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit Rechnung. Denn Dritte sollen durch eine Recherche im Register eindeutige Informationen über eingetragene Marken erhalten können. Die Darstellung muss klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6.05.2003, Rs. C-104/01- Libertel m.w.N.). Dem genügt es bezüglich der Eintragung dreidimensionaler Marken, wenn mit der Anmeldung (bis zu) sechs Ansichten der einzutragenden Marke eingereicht werden (bereits eine zweidimensionale Abbildung reicht aus) und die Anmeldung die eindeutige Erklärung enthält, dass eine Eintragung in der Kategorie der dreidimensionalen Marken beansprucht wird.
Zudem darf hinsichtlich der dreidimensionalen Gestaltung kein Ausschlussgrund gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 – 3 MarkenG bestehen. Danach sind dem Schutz als Marke solche Zeichen nicht zugänglich, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist oder die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.
Artbedingtheit nimmt der BGH an, wenn es sich bei der dreidimensionalen Gestaltung um die Grundform der Ware handelt, für die Schutz beansprucht wird. So kann die naturgetreue und dreidimensionale Wiedergabe einer Birne nicht für die Ware „Birnen“ eingetragen werden, weil die beanspruchte Form ausschließlich durch die Art der Ware bedingt ist.
Technisch bedingte Formen sind dem Markenschutz nicht zugänglich, um eine Monopolisierung technischer Lösungen oder Gebrauchseigenschaften von Waren durch das Markenrecht zu verhindern. Eine Form ist dann technisch bedingt, wenn die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form nur der technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung durch andere Formen erzielt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 18.6.2002, C-299/99 – Philips/Remington). So ist beispielsweise die dreidimensionale Wiedergabe eines quaderförmigen „Lego-Bausteins“, der zwei symmetrische Reihen mit jeweils vier Noppen an der Oberfläche aufweist, nicht markenfähig, da die Form als bevorzugte Ausführungsform technisch bedingt ist (BGH, Beschluss vom 16.07.2009 – I ZB 55/07).
Unter dem durch die Form vermittelten Wert einer Ware (Wertbedingtheit) ist der ästhetische Wert zu verstehen, den die Form der Ware verleiht. Danach ist eine Form dem Markenschutz dann nicht zugänglich, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht und es deshalb von vornherein als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass der Form neben ihrer ästhetischen Wirkung zumindest auch die Funktion eines Herkunftshinweises zukommen kann. Dies hat die Rechtsprechung etwa bei Schmuckwaren angenommen und entschieden, dass der Verkehr diese (im entschiedenen Fall handelte es sich um einen Ring) in erster Linie nach ihrem ästhetischen und künstlerischen Gehalt beurteilt (BPatG, Beschluss vom 26.09.2001 – 28 W (pat) 62/01).
Weiterhin muss die dreidimensionale Gestaltung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG über Unterscheidungskraft verfügen. Dies ist der Fall, wenn die dreidimensionale Gestaltung geeignet ist, als Herkunftshinweis für bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu dienen. Der EuGH hat bereits im Jahr 2003 klargestellt, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die aus der Form der Ware bestehen, sich grundsätzlich nicht von denjenigen unterscheiden, die auf andere Markenkategorien Anwendung finden (EuGH, Urteil vom 8.04.2003, verb. Rs. C-53/01 bis C-55/01 – Linde, Winward u. Rado). Das bedeutet, dass dreidimensionale Marken weder strenger noch großzügiger behandelt werden dürfen als herkömmliche Markenformen. Zwar kann die Beurteilung, ob eine dreidimensionale Gestaltung Unterscheidungskraft hat, schwieriger sein als bei herkömmlichen Markenformen, weil der Verkehr sich (noch) nicht an die Herkunftskennzeichnung von Produktgestaltungen gewöhnt hat, ein anderer Prüfungsmaßstab ergibt sich daraus indes nicht. Voraussetzung für die für die Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft ist nach Auffassung des EuGH gleichwohl, dass die dreidimensionale Gestaltung von Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweicht (EuGH, Urteil vom 25.10.2007, C-238/06 – Develey/HABM) und der Verkehr darin einen Herkunftshinweis auf das Unternehmen erkennt.
So hat der EuGH in einem Urteil (EuGH, Urteil vom 24.5.2012, C-98/11, Lindt & Sprüngli AG/HABM – Goldhase mit Glöckchen) die Eintragung der dreidimensionalen Gestaltung eines Goldhasen für Schokoladewaren abgelehnt.
Unter Bezugnahme auf die Grundsätze früherer Urteile bestätigt der EuGH die Entscheidung der Vorinstanz und entschied, dass nur dann, wenn von der Branchenüblichkeit erheblich abgewichen werde, bei einer Warenformmarke eine herkunftshinweisende Funktion und damit Unterscheidungskraft angenommen werden könne. Nach einer Auseinandersetzung mit den Branchengepflogenheiten war das EuG zu der überzeugenden Einschätzung gelangt, dass weder die Form eines sitzenden Hasen, noch die Goldfolie, in die der Schokoladenhase eingepackt ist oder das rote Plisseeband, an dem ein Glöckchen befestigt ist von dem in der Branche üblichen Formenschatz abweiche und Unterscheidungskraft habe. Genauso wenig komme dem von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindrucks Unterscheidungskraft zu.
Das BPatG hat bereits im Jahr 1997 entschieden, dass die sogenannte Dimple-Flasche für alkoholische Getränke unterscheidungskräftig sei, da keine beliebige und beziehungslose Kombination der Gestaltungselemente vorliege (BPatG, Beschluss vom 10.12.1997 – 26 W (pat) 77/97 – Dimple-Flasche).
Sofern eine dreidimensionale Gestaltung nicht über die nötige Unterscheidungskraft verfügt (oder der Eintragung ein anderes Eintragungshindernis entgegensteht), ist gleichwohl gem. § 8 Abs. 3 MarkenG eine Eintragung im Markenregister möglich, sofern die Form im Verkehr als Marke durchgesetzt ist. Die Eintragung einer Marke im Wege der Verkehrsdurchsetzung setzt voraus, dass das Zeichen infolge seiner markenmäßigen Verwendung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von einem wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkannt wird (Herkunftsfunktion der Marke). Nicht zu verwechseln ist die Verkehrsdurchsetzung mit der Verkehrsgeltung von Benutzungsmarken (vg. hierzu: Benutzungsmarken).
Der Schutzbereich dreidimensionaler verkehrsdurchgesetzter Marken ist regelmäßig sehr begrenzt.