Designrecht: Urteile und Beschlüsse
Die nachfolgende Entscheidungssammlung umfasst richtungsweisende Urteile und Verfügungen der Instanzgerichte und des Bundesgerichtshofs zum Designrecht.
BGH: zum Vorbenutzungsrecht im Designrecht (“Bettgestell”)
Urteil vom 29.06.2017 – I ZR 9/16
Leitsätze des Gerichts:
a) Als wirkliche und ernsthafte Anstalten, die ebenso wie die Benutzung eines Designs ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen können, sind Vorbereitungshandlungen aller Art anzusehen, die auf die Benutzung des Designs gerichtet sind und den ernstlichen Willen sicher erkennen lassen, die Benutzung alsbald aufzunehmen.
b) Nur im Inland getroffene wirkliche und ernsthafte Anstalten zur Benutzung eines Designs können ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 41 Abs. 1 DesignG begründen.
Anmerkung:
Anders als die Vorinstanz hat der Bundesgerichtshof die von der Beklagten im Ausland vorgenommen Vorbereitungshandlungen zum Vertrieb des Bettgestells in Deutschland für die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts nach § 41 Abs. 1 GeschmMG/DesignG nicht ausreichen lassen. Erforderlich sei vielmehr, dass die vom Gesetz verlangten wirklichen und ernsthaften Anstalten zur Benutzung ebenso wie eine Benutzung selbst in Deutschland stattgefunden haben.
Weiterlesen: BGH-Urteil vom 29. Juni 2017 – I ZR 9/16 im Volltext
Urteil vom 15.04.2010 – I ZR 145/08
Leitsätze des Gerichts:
a) Technisch bedingte Merkmale eines Erzeugnisses sind nur dann frei wählbar und austauschbar und können wettbewerbliche Eigenart begründen, wenn mit ihrem Austausch keine Qualitätseinbußen verbunden sind.
b) Eine der Erwerbssituation nachfolgende Herkunftstäuschung scheidet bei Produkten, die unterschiedlich gekennzeichnet sind und von Fachkreisen verwendet werden, regelmäßig aus, wenn die Benutzung der Produkte eine sorgfältige Planung voraussetzt.
c) Eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG liegt im Allgemeinen nicht vor, wenn ein Originalprodukt, dessen Sonderrechtsschutz abgelaufen ist, nachgeahmt wird und aufgrund unterschiedlicher Kennzeichen die Gefahr einer Verwechslung des Originalerzeugnisses und der Nachahmung ausgeschlossen ist.
d) Wird ein technisches Erzeugnis, dessen Wertschätzung maßgeblich auf dessen äußerer Gestaltung beruht, nahezu identisch nachgeahmt, liegt eine unangemessene Beeinträchtigung des Rufs des Originalprodukts vor, wenn die Nachahmung qualitativ minderwertig ist.
Urteil vom 16.06.2009 – 33 O 374/08
Leitsätze der Redaktion:
Die Nachahmung des sog. “Look & Feel” einer Website (d.h. Vergleichbarkeit bzw. Übereinstimmungen hinsichtlich Aufbau, Schriftbild, Stylesheets, Ablauf der Dialogfolgen, wesentlicher technischer Funktionalitäten usw.) bedeutet nicht zwingend einen Wettbewerbsverstoß oder eine Urheberrechtsverletzung, die einen Unterlassungs- bzw. Besichtigungsanspruch zur Folge hätten.
Hierzu müssen besondere Umstände dargelegt werden, die das Nachahmen als unlauter erscheinen lassen, was nicht der Fall ist, wenn es zum Zeitpunkt der Markteinführung an der für die vermeidbare Herkunftstäuschung erforderlichen Bekanntheit des Produkts bei den angesprochenen Verkehrskreisen fehlt.
Ein Anspruch auf Besichtigung gem. § 101a Abs. 1 S. 1 UrhG wegen hinreichend wahrscheinlicher Verletzung des Urheberrechts eines anderen (hier: eine vermeintliche widerrechtliche Übernahme des PHP-Quellcodes) ist abzulehnen, wenn Ähnlichkeiten der sichtbaren Teile der Internetplattform sowie Auskommentierungen im HTML-Quelltext auch auf einer Nachprogrammierung beruhen können.
Urteil vom 30.04.2008 – I ZR 123/05
Leitsätze des Gerichts:
a) In die Beurteilung der Frage, ob eine angegriffene dreidimensionale Aufmachung markenmäßig benutzt wird, ist auch die Kennzeichnungskraft der Klagemarke mit einzubeziehen.
b) Eine Produktpalette kann als Gesamtheit von Erzeugnissen mit Gemeinsamkeiten in der Zweckbestimmung und Formgestaltung über wettbewerbliche Eigenart verfügen.
c) Zur Herkunftstäuschung bei einem aus mehreren Produkten zusammengesetzten Angebot (hier: Koffer mit Kosmetikartikeln).
Urteil vom 24.05.2007 – I ZR 104/04
Leitsätze:
UWG § 4 Nr. 9
a) Bei der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses können auch Besonderheiten zu berücksichtigen sein, die dieses im Gebrauch aufweist, auch wenn sie nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.
b) Das Erfordernis der wettbewerblichen Eigenart bezieht sich auf die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses, die diesem aus der Sicht der Abnehmer zukommen. Es genügt für die Annahme wettbewerblicher Eigenart, dass der angesprochene Verkehr aufgrund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Erzeugnisses die Vorstellung hat, es könne wohl nur von einem bestimmten Anbieter oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen stammen. Zur Begründung einer wettbewerblichen Eigenart kann es zudem ausreichen, dass die Gestaltung eines Erzeugnisses die Eignung besitzt, auf seine Besonderheiten hinzuweisen.
c) Für die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ist es nicht erforderlich, dass der Verkehr das Unternehmen, dem er die ihm bekannte Ware zuschreibt, namentlich kennt. Vielmehr genügt es, dass er die Vorstellung hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Ware nicht unter einer Herstellerbezeichnung vertrieben wird.
Urteil vom 29.6.1999 – 20/U 85/98
Leitsatz:
Der Gestaltung einzelner Websites kann unabhängig von der Digitalisierung ihres Inhalts an sich ein Urheberrechtschutz zukommen, soweit die Gestaltung die in § 2 Abs. 2 UrhG vorausgesetzte Schöpfungshöhe erreicht. Daneben bestehende Sonderschutzrechte für Computerprogramme, Datenbankwerke und Datenbanken sind der Klägerin im konkreten Fall nicht zuzuerkennen.